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Local Loyalty – Worauf kommt es bei der Einführung eines Stadtgutscheins an?

Sie sind Leiter/in des Stadtmarketings? Wirtschaftsförderer/in? Vorsitzende/r eines Gewerbevereins? Oder möchten sich für Ihre Stadt und die Gewerbetreibenden vor Ort stark machen? Oder sind selbst ein/e Händler/in, der/die endlich ein händlerübergreifendes Gutscheinsystem vor Ort etablieren möchte?

Wir, die cima.digital, das Frankfurter Büro der CIMA Beratung und Management GmbH, sind fokussiert auf kooperative Online-Strategien für Städte, Regionen und Handel und helfen Ihnen mit diesem Leitfaden zum Thema „Local Loyalty – Worauf kommt es bei der Einführung eines Stadtgutscheins an“ schrittweise bei der Etablierung und Umsetzung eines Stadtgutscheins in Ihrer Stadt.

(Anmerkung: Stadtgutschein kann respektive auch als Regionalgutschein umgesetzt werden.)

1. Schritt: Analyse – Zielsetzung eines Stadtgutscheins

  • Wer soll an einem Stadtgutschein teilnehmen?

Klassische Akteure eines Gutscheinsystems sind vor allem die Händler und Dienstleister eines Standortes, die als Akzeptanz- und teilweise Ausgabestellen des Stadtgutscheins in Frage kommen. Darüber hinaus können aber auch Gastronomie- und Hotelleriebetriebe, Freizeiteinrichtungen, sowie Kulturveranstalter miteinbezogen werden. 

Als Kunden lassen sich die Käufer der Gutscheine identifizieren: dies können sowohl Privatpersonen (Bsp. Einwohner, Touristen), als auch Unternehmen (Stichwort: Arbeitgebergutschein) sein.

Neben den Anbietern und den Nutzern gibt es darüber hinaus auch Sponsoren und Betreiber des Systems. All diese Akteure erheben verschiedene Ansprüche an das Gutscheinsystem.

  • Welche Art von Stadtgutscheinen sind gewünscht?

Neben dem klassischen, analogen Papiergutschein gibt es digitale Stadtgutscheine in Form von Karten, als Ausdruck oder in Apps abrufbar.

Während der letzten Jahre wurde erst genanntes häufig mittelfristig durch den digitalen Stadtgutschein ersetzt. Darüber hinaus gilt die digitale Version als Grundlage für eine multifunktionale Mehrwertkarte, die neben dem Aufladen und Abbuchen des Guthabens, auch andere Loyalty-Elemente umfasst.

Neben der Frage nach dem Gutscheintyp (analog/digital) müssen weitere Fragen beantwortet werden. So zum Beispiel, aus welchem Material (Papier, Plastik, Holz etc.) der Gutschein später bestehen soll

2. Schritt: Die Frage nach dem Betreibermodell von Stadtgutscheinen

Die wichtigste aller Fragen ist die nach dem Betreibermodell. Klären Sie, wer der juristische Herausgeber des zukünftigen Gutscheinsystems werden soll und wer somit die Verträge mit den Teilnehmern schließt. Darüber hinaus stehen die Fragen nach dem Inhaber des Gutscheinkontos und somit dessen Verwaltung, sowie die Verwendung des nicht eingelösten Guthabens (Stichwort: Breakage = Bei Ablauf der Karten verbleibendes Restguthaben auf den Konten) zur Debatte.

Teilweise bieten Softwareanbieter die Möglichkeit, die Betreiberrolle des Stadtgutscheins selbst zu übernehmen. Die alternative Option ist, dass Sie als Betreiber auftreten. Das geht mit der Frage einher, ob hierfür eine extra Personalstelle geschaffen werden muss oder die vorhandenen Kapazitäten ausreichen, müssen fallspezifisch entschieden werden.

Der Herausgeber des Stadtgutscheins ist vor allem für viele rechtliche Aspekte verantwortlich:

  • Gesamte Buchführung (inklusive der Verwaltung des Gutscheinkontos)
  • Aufsetzen und Pflegen der Vertragsbeziehungen/Support
  • Wenn gewünscht: Online-Vertrieb des Gutscheins/ Online-Einlösung (bspw. auf einem regionalen Online-Marktplatz)
  • Präsentation des Gutscheinsystems (von zentraler Bedeutung ist hier vor allem eine suchmaschinenoptimierte Landing-Page)

Darüber hinaus gibt es viele weitere Aufgaben, die vor Ort – meist durch einen Kümmerer – umgesetzt werden müssen:

  • Rolle des ersten Ansprechpartners
  • Akquise von lokalen Anbietern (Stichwort: Onboarding)
  • Marketing: Das Bewerben des Gutscheinsystems ist maßgebend für dessen Erfolg.
  • Informationsveranstaltungen und Workshops zu aktuellen Themen
  • Wenn der Gutschein auch offline erhältlich sein soll: Bestellung/Produktion der Stadtgutscheine und Verteilung an Verkaufsstellen

3. Schritt: Wer wünscht sich welche Funktionen des Stadtgutscheins?

Jede Person, die in das System des Stadtgutscheins miteinbezogen wird, stellt verschiedene Ansprüche, Wünsche, Forderungen und Funktionen an das mögliche System.

Nachfolgend finden Sie eine Übersicht über mögliche Anforderungen der verschiedenen Teilnehmer:

Anforderungen (Betreiber/Kümmerer)

  • Zahlungsabwicklung: Alle Zahlungsein- und -ausgänge sollen über ein einziges Bankkonto abgewickelt werden. Meist voll automatisiert auf dem des Betreibers.
  • Rechnungsstellung: Um den Verwaltungsaufwand zu minimieren, sollen die monatlichen Abrechnungen automatisch an alle Teilnehmer versendet werden.
  • Transparenz: Der Betreiber muss jederzeit die Möglichkeit haben auf alle Daten zugreifen zu können.
  • Verkauf von Gutscheinen: Die Gestaltung, wer und wie viele Teilnehmer neben der Funktion als Akzeptanzstelle auch die der Ausgabestelle erfüllen, soll selbst gestaltet werden können.
  • Sicherheit vor Betrug: Die Kommunikation über die Akzeptanz und Annahme festgelegter Gutscheinmedien ist vor allem im Hinblick auf Betrug von großer Bedeutung.
  • Arbeitgebergutschein: Für Arbeitgeber soll es ein eigenes Portal für die Abwicklung und Verwaltung der Arbeitgebergutscheine geben. Das minimiert den Verwaltungsaufwand.

Anforderungen (Endkunden)

  • Teileinlösung: Die Teileinlösung ist eine der wichtigsten Funktionen für Endkunden. Es muss jederzeit ein beliebiger, cent-genauer Betrag von der Guthabenkarte abgebucht werden können.
  • Beliebige Werte: Kunden wollen den Gutschein als Geschenk verschenken: Vor allem im Falle eines Geschenkgutscheins ist das beliebige Aufladen des Guthabenkarte von großer Bedeutung (Bsp. 66€ zum 66. Geburtstag).
  • Handliches Format: Am meisten verbreitet ist das Scheckkarten-Format: Dieses passt in jeden Geldbeutel
  • Verkaufsstellen: Neben der Möglichkeit, den Gutschein offline bei ausgewiesenen Verkaufsstellen zu erwerben, sollten die Gutscheine jederzeit online erhältlich und bestellbar sein.

Anforderungen (Arbeitgeber)

  • Direkter Portalzugang: Für Arbeitgeber muss es die Möglichkeit geben, sich über ein eigenes Arbeitgeberportal einzuloggen und so ihre Mitarbeiter und Abrechnungen zu verwalten.
  • Flexibilität: Das Thema Flexibilität ist vor allem für Arbeitgeber interessant: Sie sollten selbst bestimmen können, in welchem Rhythmus die Zahlungen erfolgen sollen.
  • Steuerrechtliche Sicherheit: Die Höhe des steuerfreien Sachbezugs darf die 44€-Grenze (ab 2022: 50€) nicht überschreiten. Die Verantwortung liegt beim jeweiligen Arbeitgeber.

Anforderungen (Ausgabe-/Akzeptanzstelle)

  • Einfache Bedienbarkeit: Der Verkauf und die Annahme der digitalen Gutscheine muss für jedermann einfach zu bedienen sein.  
  • Keine zusätzlichen Geräte: Die Teilnahme am Gutscheinsystem muss für eine Akzeptanzstellen ohne Anschaffung und/oder Miete zusätzlicher Lesegeräte möglich sein. Sowohl der Verkauf, als auch die Annahme der Stadtgutscheine muss mit der bestehenden technischen Infrastruktur abgewickelt werden.
  • Automatische Abrechnung: Die Abrechnung über den Verkauf und die Annahme von Gutscheinen soll automatisiert sein.
  • Jederzeitige Transparenz: Die teilnehmenden Gewerbetreibenden sollten jederzeit die Möglichkeit haben, ihre Transaktionen und Abrechnungen einzusehen und exportieren zu können.
  • Schnittstellen (Kassenintegration): Bei Bedarf soll das System in bestehende Kassensysteme integriert werden können.
  • GoBD- und DSGVO-konform

4. Schritt: Erstellung eines Lastenheftes für den Stadtgutschein

Auf Basis der vorangegangenen Analysen (siehe Schritte 1 -3) muss ein Lastenheft erstellt werden. Dabei sind vor allem die technisch-konzeptionellen Anforderungen abzustimmen. Das Lastenheft hilft Ihnen sich im späteren Verlauf für einen Infrastrukturanbieter zu entscheiden. Je genauer Sie Ihre Wünsche und Anforderungen an das System im Lastenheft darlegen, desto einfacher fällt Ihnen die spätere Entscheidung.

Folgende Punkte müssen berücksichtigt werden:

  • Funktionsweise des regionalen Gutscheins
  • Technische Voraussetzungen
  • Gutschein-Handling (Kunde & Händler)
  • Vermarktung, Aufmachung & Gestaltungsmöglichkeiten (Optionen für Marketingkampagnen)
  • Bezugskanäle
  • Arbeitgeber-Gutschein
  • Technische Integration (Smartphone, Kassen, Marktplatz)
  • Clearing, Verwaltung & Reporting
  • Weitere Anforderungen / Fragestellungen
  • Kosten (hier noch genauer ausformulieren)

Weitere wichtige Faktoren bei der Einführung eines Stadtgutscheins

  • BaFin

Die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) hat Gutscheinsysteme genehmigt, die eine Kartenwertbegrenzung haben. Lokale Stadt- und Regionengutscheine fallen unter die Ausnahme „begrenztes Netz“ (unmittelbar angrenzende PLZ-Bezirke machen mit/unmittelbar angrenzende zweistellige PLZ-Bezirke) und sind daher freigestellt von der Regulierung. Daher ist auch eine E-Geld-Lizenz notwendig.

Sollten Sie mit ihrem Gutschein ein Gesamtvolumen von 1 Mio. Euro in 12 aufeinanderfolgenden Monaten generieren, dann ist eine Darlegung ihres Modells bei der BaFin erforderlich.

  • Breakage

Im Regelfall sind Gutscheine drei Jahre lang gültig. Häufig kommt es jedoch vor, dass Gutscheine in diesem Zeitraum nicht eingelöst werden. Hierbei geht man von einer Nichteinlösequote von rund 10-15% aus. Das nicht eingelöste Guthaben verbleibt somit auf dem Gutscheinkonto und kann bspw. für die Refinanzierung des Systems oder für Gewinnspiele und Aktionen verwendet werden.

  • Onboarding:

Das Onboarding ist der wichtigste Schritt beim Aufbau eines Gutscheinsystems und Aufgabe des Kümmerers vor Ort. Durch die Akquise möglichst vieler Händler und Dienstleister vor Ort kann die Attraktivität des Stadtgutscheins gesteigert werden. Hierbei sollte möglichst viel Aufwand betrieben werden, um die Anzahl der teilnehmenden Gewerbetreibenden zu erhöhen.

Digitalisierung Ihres analogen Stadtgutscheins

Haben Sie bereits einen (analogen) Stadtgutschein in Ihrer Stadt oder geben Sie bereits Gutscheine für 10€ oder sogenannte „Taler“ heraus? Wollen Sie zusätzliche Akzeptanzstellen gewinnen? Wollen Sie den Abrechnungsprozess digitalisieren und zusätzliche digitale Vertriebswege des Stadtgutscheins ermöglichen? Oder haben Sie noch keinen Stadtgutschein und sind an einer Einführung eines Stadtgutscheins interessiert? Wir helfen Ihnen gerne und beraten Sie, welches System für Sie am sinnvollsten ist.

Wir besitzen einen Überblick über die bekanntesten Stadtgutschein-Infrastrukturgeber am Markt und haben einen neutralen Blick auf alle Anbieter. Dadurch können wir gemeinsam mit Ihnen das geeignetste Gutscheinsystem herausfinden.

Gutscheinsysteme

Autor*in

Eva Gancarz

Eva Gancarz, Jg. 1989, ist studierte Wirtschaftsförderin und beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit dem Thema „Digitalisierung im Einzelhandel“. Von Juli 2019 bis Dezember 2020 war sie Beraterin und Projektmanagerin des Projektbüros cima.digital am Standort Frankfurt am Main und hatte von Januar 2021 bis September 2022 dessen Leitung inne.

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